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Eine Flender-Erfolgsgeschichte, die vor 25 Jahren in Indien beginnt

Im Jahr 1996 gründete Flender das Software Engineering Office (SEO) in Chennai. Es war der Startschuss für eine Erfolgsgeschichte in der globalen Zusammenarbeit der Flender-Standorte. Lesen Sie hier wie sich alles entwickelte, von acht jungen indischen Ingenieuren, die im Januar 96 nach Deutschland kamen, zu einem heute mehr als 130-köpfigen Engineering-Hub.

Anekdoten gibt es genügend. Eduard Mensing und Sivakumar Valavala müssen gar nicht lange überlegen. „Am Anfang hatten wir Satellitenschüsseln auf dem Dach, um die Daten hin- und herzuschicken“, erinnert sich Mensing. „Das kam erst etwas später. Ganz zu Anfang haben wir die Zeichnungen immer freitags per Kurier aus Indien nach Deutschland geschickt“, verbessert ihn Sivakumar.

„Ganz zu Anfang“, das war 1996. Das Internet steckte noch in den Kinderschuhen, an Dateien in einer Cloud, auf die man von überall auf der Welt zugreifen kann, dachte niemand. Es war das Jahr in dem Flender das Software Engineering Office (SEO) in Madras, dem heutigen Chennai, gründete. Heute, 25 Jahre später, ist das SEO eine Erfolgsgeschichte in der weltweiten Zusammenarbeit zwischen den Flender-Standorten.

Sivakumar, der das SEO als Entwicklungsingenieur viele Jahre begleitet hat, gehörte zu den ersten Mitarbeitern und leitet das Konstruktionsbüro heute. Zusammen mit Eduard Mensing, der heute die Abteilung Normung und Technische Dokumentation leitet, erinnert er sich gerne an die Entwicklung in den 25 Jahren zurück: „Etwas Besonderes ist sicher die Freiheit, die ich bei meiner Arbeit, dem Lernen und Gestalten immer hatte. Ich glaube, das gilt für die meisten meiner Kollegen genauso. Der ständige Austausch mit den deutschen Werken und die Reisen zu Schulungen und Projekten in Deutschland sind sehr wichtig für das Wachstum des SEO und seiner Ingenieure. Für mich ist Bocholt in all den Jahren zu einer zweiten Heimat geworden“, so Sivakumar.

Indisches Ingenieurbüro als Unterstützung für Konstruktionsbüros in deutschen Werken

Mitte der 90er Jahre war Flender auf der Suche nach Unterstützung für die Konstruktionsbüros in den deutschen Werken. Kundenaufträge und Entwicklungsprojekte sollten schneller abgewickelt, Flenders Wettbewerbsfähigkeit sichergestellt werden. „In der Vergangenheit konnten aus Kapazitäts- und Kostengründen wichtige vertriebsunterstützende Hilfsmittel nicht rechtzeitig erstellt werden. Dies soll sich rasch ändern“, schrieb der damalige Leiter der Bereiche Entwicklung, Branchenzentren und Auftragskonstruktion Dr.-Ing. Johannes Schmeink in der Flender Hauszeitschrift. Er war es, der vom Technikvorstand Dr.-Ing. Heinz Benthake den Auftrag erhielt, ein Ingenieurbüro in Indien aufzubauen.

Gruppenbild aus dem Jahr 1997: Das SEO-Team mit Dr. Johannes Schmeink (5. v.r.) und Franz Schmeink (4. v.l.). Inian Idumban Chidambaranathan (l.), Srivathsan Venkatachari (3.v.l.), Sekaran Nadesan (2.v.r.), Gnanasekaran Varathan (3.v.r.), Sajitha Mishra (4.v.r.) sind auch heute noch Teil des SEO.

Acht junge, indische Ingenieure starteten im Januar 1996 in Richtung Deutschland, um sechs Monate lang in den Werken in Bocholt und Tübingen auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet zu werden. Eine spannende Zeit mit einem, allerdings nur äußerlich, kalten Empfang bei Flender in Bocholt. Da sie nur in dünnen Sommer-Anzügen angereist waren, froren die neuen Flenderaner beim Begrüßungsfoto vor dem Hauptgebäude dermaßen, dass Dr. Schmeink sie anschließend zum gemeinsamen Mantel-Kauf mitnahm. Auch Schnee sahen sie damals zum ersten Mal. Aber nach einigen „Kniefällen“ waren auch verschneite Wege bald kein Problem mehr.

Im August 1996 nahm das Team in Chennai seine Arbeit auf. An fünf CAD-Arbeitsplätzen erstellte man im Schichtbetrieb Einzelteilzeichnungen für Planeten-, Schnecken- und Extrudergetriebe, führte Untersuchungen für Anbauteile von Flender-Zahnradgetrieben (FZG) durch und konstruierte Schweißgehäuse für die FZG-Reihe. Dazu kamen Zeichenarbeiten für die damals noch zum Flender-Portfolio gehörenden MOTOX-Getriebemotoren. Jedem Mitarbeiter in Chennai war ein Mitarbeiter in Deutschland zugeordnet. Dank Satellitenschüsseln und dem bald zur Verfügung stehenden Flender Corporate Network, konnten Fragen so schnell geklärt werden.
Neben Sivakumar Valavala, der mit weiteren Kollegen im Laufe des Jahres zum Team dazustieß, sind auch Maharajan Petchiappan (FLE IN AP&CS-EX), Inian Idumban Chidambaranathan (FLE IN EN IGP) und SureshKumar Pitchailingam (FLE IN EN IGD) bereits seit 1996 an Bord und immer noch Teil des SEO.

„Der Output kann immer nur so gut sein, wie der Input, der gegeben wird“

Einer, der das SEO seit den Anfangstagen begleitet hat, ist Franz Schmeink. Der Produktentwickler und Technologie- und Key-Expert „Gear Components“ koordinierte den Start des Büros und arbeitete Ende 1996 für drei Monate mit den indischen Kollegen vor Ort in Chennai. „Das war eine schöne Zeit. Es herrschte Aufbruchstimmung, wir hatten viel Freude, trotz oder gerade wegen der anfangs noch bestehenden Verständigungsschwierigkeiten“, erinnert er sich.

Franz Schmeink (Mitte) 1996 mit den indischen Kollegen im ersten Büro des SEO, das damals noch Flender CAD Office Madras hieß.

Nicht nur die Sprachbarriere und die große Entfernung sorgten dafür, dass es zuweilen auch ein holpriger Weg war, den das SEO genommen hat. „Wir mussten an vielen Stellen Lernkurven durchlaufen, um dahin zu kommen, wo wir heute sind. Das gilt nicht nur für die Kollegen in Indien, sondern auch für uns in den deutschen Werken. Der Output kann immer nur so gut sein, wie der Input, der gegeben wird“, so Schmeink. So sei auch weiter viel Arbeit, Kommunikation und gegenseitiges Verständnis nötig, damit das SEO eine Erfolgsgeschichte bleibe.

Heute ist das SEO Arbeitsplatz für über hundert indische Kolleginnen und Kollegen. Aus dem kleinen Büro in Chennai City ist eine große Entwicklungs-Abteilung am Flender Standort außerhalb Chennais geworden. Produktentwicklungen und Auftragskonstruktionen für alle Produktbereiche weltweit kommen inzwischen aus Chennai.

Inian Idumban Chidambaranathan (3.v.l.), SureshKumar Pitchailingam (4.v.l.) und Maharajan Petchiappan (rechts) zusammen mit ihren 5 Kollegen, die 1996 das erste SEO-Team bildeten, bei einer CAD-Schulung in Deutschland.

SEO ist aus der Produktentwicklung nicht mehr wegzudenken

"Regelmäßiger Wissenstransfer aus Deutschland erweitert die Kompetenzen und so arbeitet das SEO heute, neben der regelmäßigen Unterstützung bei HQ-Projekten, parallel mit den deutschen Kollegen an Produktentwicklungen. Ermöglicht wurde dies durch das uneingeschränkte Vertrauen des Flender-Managements in dieses Team. In den letzten 25 Jahren haben sich so auch die Beziehungen zwischen den SEO-Teammitgliedern und den deutschen Kollegen entwickelt. Sie gehen über das Berufsleben hinaus, persönliche Bindungen zu den Familien haben sich etabliert, und bestehen auch nach der Pensionierung weiter fort", sagt Maharajan Petchiappan, der das SEO mehr als 10 Jahre lang leitete.

Das SEO hat eine sehr positive Entwicklung in all den Jahren genommen. Neben der Zusammenarbeit bei Auftragskonstruktionen haben sich die Kollegen zu wertvollen, festen Teammitgliedern bei Produktneuentwicklungen entwickelt. Eine Produktentwicklung ohne das SEO als Teammitglied ist heute nicht mehr vorstellbar“, sagt Frank Kretschmann, Leiter des Product Line Managements der Business Line Applications. Dem pflichtet der Leiter des Winergy Engineering Andreas Klein bei. Er sieht aber auch noch Entwicklungspotenzial: „Das SEO ist in den letzten Jahren zu einem festen Bestandteil unserer Entwicklungsprojekte geworden. Die Art der Aufgaben wird immer vielfältiger. Es ist aber noch ein Weg zu gehen, bevor wir das SEO als vollständigen Entwicklungsstandort auf Augenhöhe betrachten können.“

Das SEO in Chennai: eine deutsch-indische Erfolgsgeschichte auf die Flender stolz sein kann. Ihr Vater, Dr.-Ing. Hans Schmeink, hat das bereits 1996 in der Flender Hauszeitschrift vorhergesehen: „Die Internationalisierung in der Flender-Gruppe geht damit auch im wichtigen Feld der Konstruktion und Entwicklung in eine weitere Phase.“